Einkommensteuer
Einkommensteuerrechtliche Behandlung vergeblicher Investitionen in betrügerische Modelle
Ein Anleger hatte mit verschiedenen Gesellschaften einer Gesellschaftsgruppe Verträge über den Erwerb und Betrieb mehrerer Blockheizkraftwerke (BHKW) geschlossen und die entsprechenden Kaufpreise gezahlt. Die Zahlungen finanzierte er durch die Aufnahme von Bankdarlehn. Das wirtschaftliche Risiko aus dem Betrieb sollte beim Anleger liegen. Die BHKW wurden jedoch weder geliefert noch in Betrieb genommen. Stattdessen stellte sich heraus, dass die Initiatoren ein betrügerisches Schneeballsystem auf den Weg gebracht hatten. In seiner Steuererklärung machte der Anleger gewerbliche Verluste aus dem beabsichtigten Betrieb der BHKW geltend.
Das Finanzamt berücksichtigte die erklärten Verluste nicht, da nach seiner Auffassung keine Einkünfte aus Gewerbebetrieb vorlagen. Hierfür hätte es einer Beteiligung der Gesellschaften am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr bedurft. Dazu war es jedoch nicht gekommen.
Dem widersprach der Bundesfinanzhof. Zum Zeitpunkt des Abschlusses der Verträge war aus Sicht des Anlegers davon auszugehen, dass ihm aufgrund seiner Vorauszahlungen künftig mehrere BHKW geliefert würden, mit denen er elektrischen Strom produzieren und daraus Einkünfte erzielen könne. Bei Gewerbetreibenden sind Verluste auch dann zu berücksichtigen, wenn in der Folgezeit keine Einnahmen erzielt werden.
Eigenes Vermögen des Inhabers eines Handelsgewerbes während des Bestehens einer atypischen stillen Gesellschaft
Begründet der Inhaber eines Handelsgewerbes an seinem gesamten Betrieb eine stille Gesellschaft (Beteiligung einer natürlichen oder juristischen Person am Betrieb mit einer Vermögenseinlage), im Rahmen derer der stille Gesellschafter Mitunternehmerinitiative entfalten kann und Mitunternehmerrisiko trägt, entsteht eine atypisch stille Gesellschaft als eigenständige Mitunternehmerschaft. Deren Mitunternehmer sind der Inhaber des Handelsgewerbes und der (atypisch) still Beteiligte. Für steuerliche Zwecke wird die atypisch stille Gesellschaft wie eine im Innenverhältnis bestehende fiktive Kommanditgesellschaft behandelt.
Der Inhaber des Handelsgewerbes verfügt auch während des Bestehens der atypisch stillen Gesellschaft ertragsteuerlich über ein eigenes, von dem der atypisch stillen Gesellschaft zu trennendes Vermögen. Ihm sind die dem Betriebsvermögen der atypisch stillen Gesellschaft zuzurechnenden Wirtschaftsgüter entsprechend seinem Anteil zuzurechnen.
(Quelle: Urteil des Bundesfinanzhofs)
Gewerbesteuer
Gewährung des vollen Gewerbesteuerfreibetrags auch bei Wechsel der Steuerschuldnerschaft während des Erhebungszeitraums
Scheidet der vorletzte Gesellschafter während eines Jahrs aus einer Personengesellschaft aus, wird aus der Personengesellschaft ein Einzelunternehmen. Damit liegen für das Jahr des Ausscheidens zwei Steuerschuldner (Personengesellschaft und Einzelunternehmer) vor.
Nach einem Urteil des Bundesfinanzhofs ist in diesem Fall der Gewerbesteuermessbetrag auf der Grundlage des Gewerbeertrags des gesamten Jahrs unter Berücksichtigung des vollen Freibetrags zu ermitteln und sodann im prozentualen Verhältnis der von den beiden Steuerschuldnern erzielten Gewerbeerträge aufzuteilen.
Hinweis: Das Gericht widerspricht damit der Vorgehensweise der Finanzverwaltung, wonach für jeden der Steuerschuldner eine Steuermessbetragsfestsetzung aufgrund des von ihm erzielten Gewerbeertrags durchgeführt wird und dabei der Freibetrag in Höhe von 24.500 € auf jeden entsprechend der Dauer seiner persönlichen Steuerpflicht aufgeteilt wird.
Arbeitgeber/Arbeitnehmer
Keine anteilige Verdienstgrenze mehr bei kurzfristiger Beschäftigung
Eine kurzfristige Beschäftigung liegt vor, wenn der Beschäftigte von seinem Arbeitgeber nur mit einem zeitlich geringfügigen Arbeitseinsatz betraut ist und ihm keine weiteren Arbeitseinsätze in Aussicht gestellt werden. Das heißt, dass die Beschäftigung von vornherein auf max. drei Monate bzw. 70 Arbeitstage befristet ist. Grundsätzlich unterliegen diese sog. kurzfristigen Minijobs keiner Verdienstobergrenze. Die Beschäftigung ist sozialversicherungsfrei. Es fallen lediglich geringe Abgaben, z. B Krankheits- und Mutterschaftsumlage, an.
Übersteigt das Entgelt jedoch 450 € im Monat, müssen Arbeitgeber prüfen, dass keine Berufsmäßigkeit vorliegt. Das Bundessozialgericht hat entschieden, dass die monatliche Entgelt-grenze von 450 € auch bei sehr kurzen Beschäftigungen unter einem Monat gilt. Die Ermittlung einer anteiligen monatlichen (tageweisen) Verdienstgrenze entfällt damit. Folglich können Arbeitgeber auch für nur wenige Tage bis zu 450 € zahlen und eine sozialversicherungsfreie kurzfristige Beschäftigung melden.
Hinweis: Ab 2019 darf eine kurzfristige Beschäftigung nur noch max. zwei Monate bzw. 50 Arbeitstage dauern.
Kein Ausgleich überdurchschnittlicher Arbeitszeit durch Urlaubs- und Feiertage
Bei der Berechnung der Höchstarbeitszeit nach dem Arbeitszeitgesetz dürfen Urlaubs- und Feiertage nicht als Ausgleichstage berücksichtigt werden. Das entschied das Bundesverwaltungsgericht im Fall eines Krankenhauses, das für die bei ihm beschäftigten Ärzte Arbeitszeitschutzkonten führte, um die Einhaltung der höchstzulässigen Arbeitszeit im Jahresdurchschnitt sicherzustellen. Es wertete dabei Urlaubs- und Feiertage als Arbeitstage mit einer geleisteten Arbeitszeit von null Stunden. Damit dienten diese Tage als Ausgleich für an anderen Tagen geleistete Mehrarbeit.
Aus dem systematischen Zusammenhang des Arbeitszeitgesetzes und des Bundesurlaubsgesetzes ergibt sich jedoch, dass als Ausgleichstage nur Tage dienen können, an denen der Arbeitnehmer nicht ohnehin von der Arbeit freigestellt ist.
Gesellschaft/Gesellschafter
Verdeckte Gewinnausschüttung bei Entgeltumwandlung
Ein Geschäftsführer war mehrheitlich an einer GmbH beteiligt. Die GmbH sagte ihm 1994 eine Altersrente von 60 % des letzten Grundgehalts ab dem 65. Lebensjahr zu. Die Altersversorgung wurde 2010 mit einer zusätzlichen Unterstützungskassenzusage verbessert. Hierzu wurde eine Entgeltumwandlung vereinbart. Die gekürzten Gehaltsanteile zahlte die GmbH an die Versorgungskasse, die dem Geschäftsführer eine Versorgungszusage erteilte und eine entsprechende Rückdeckungsversicherung abschloss. Die GmbH berücksichtigte die Beitragszahlungen als Betriebsausgaben.
Das Finanzamt hingegen sah in der Unterstützungskassenzusage eine verdeckte Gewinnaus-schüttung. Es argumentierte, dass der Geschäftsführer zum Zeitpunkt der Zusage bereits das 58. Lebensjahr überschritten habe und die zusätzliche Altersversorgung nicht mehr erdienen könne.
Der Bundesfinanzhof widersprach der Auffassung der Finanzverwaltung. Wirtschaftlich betrachtet verfügt der Geschäftsführer mit der durch Entgeltumwandlung finanzierten Altersversorgung über sein eigenes (künftiges) Vermögen. Er legt lediglich Aktivbezüge zugunsten künftiger Altersbezüge zurück. Daher gibt es regelmäßig keine Veranlassung, die Entgeltumwandlung am Maßstab der Erdienbarkeit zu prüfen.
Existenzgründerzuschüsse aus dem EXIST-Programm keine Sonderbetriebseinnahmen
Die an Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) gezahlten Existenzgründerzuschüsse des EXIST-Programms stellen keine Sonderbetriebseinnahmen dar.
Die Gesellschafter einer GbR hatten Stipendiatenverträge mit einer Universität abgeschlossen. Auf dieser Grundlage erhielten sie Mittel aus dem Programm „Existenzgründungen aus der Wissenschaft (EXIST)“. Damit sollte ein Gründungsvorhaben im Bereich der Softwareentwicklung realisiert werden. Die Gründerzuschüsse dienten allein dazu, den Lebensunterhalt und das finanzielle Risiko von Krankheiten der Gesellschafter angemessen abzusichern.
Das Finanzgericht Münster entschied, dass die Stipendien nicht als Sonderbetriebseinnahmen anzusehen seien. Voraussetzung für die Hinzurechnung der Vergütungen als Sonderbetriebs-einnahmen bei den Gesellschaftern ist, dass sie als Betriebsausgaben den Gewinn der Gesellschaft gemindert haben. Es liege jedoch keine Vergütung der Gesellschaft an die Gesellschafter vor, da ein fremder Dritter, nämlich die Universität, die Stipendien gezahlt habe.
Zudem seien die Verträge jeweils unabhängig von der Gesellschafterstellung mit der Universität abgeschlossen worden. Auch dass die Stipendien mittelbar der GbR zugutekommen sollten, sei ausgeschlossen, da diese allein zur Sicherung des persönlichen Lebensunterhalts der Existenzgründer dienen sollten.
Der Bundesfinanzhof muss abschließend entscheiden.
Keine Abfärbung gewerblicher Einkünfte bei Verlusten
Eine Personengesellschaft, die auch gewerbliche Einkünfte erzielt, gilt in vollem Umfang als Gewerbebetrieb, selbst wenn sie hauptsächlich nicht gewerbliche Einkünfte erzielt. Eine Umqualifizierung der nicht gewerblichen Einkünfte erfolgt nur dann nicht, wenn die Nettoumsatzerlöse aus der gewerblichen Tätigkeit 3 % der gesamten Nettoumsatzerlöse der Gesellschaft und 24.500 € im Veranlagungszeitraum nicht übersteigen.
Aus dieser Bagatellgrenze, die die Rechtsprechung aufgestellt hat, folgt, dass nur positive gewerbliche Einkünfte zu einer Abfärbung auf die ansonsten nicht gewerblichen Einkünfte führen können. Negative Einkünfte können eine Abfärbung nicht bewirken.
(Quelle: Urteil des Bundesfinanzhofs)
Grundstückskäufer/Vermieter
Kein Haftungsausschluss bei arglistigem Verschweigen von Sachmängeln beim Grundstückskauf
Im Verkaufsprospekt einer Immobilie wurde u. a. damit geworben, dass diese technisch und optisch auf dem neuesten Stand sei. Zudem sei das Haus unterkellert und trocken. Der Kaufvertrag sah deshalb auch einen Haftungsausschluss für Sachmängel vor. Nach Erwerb des Hauses stellte der Käufer Feuchtigkeit im Keller fest. Trotz Haftungsausschlusses verlangte der Käufer die Rückabwicklung des Kaufvertrags.
Der Bundesgerichtshof sprach ihm dieses Recht zu. Zwar gilt ein Haftungsausschluss grundsätzlich auch für Angaben in einem Verkaufsprospekt. Hierauf kann sich der Verkäufer aber nicht berufen, wenn er den Mangel arglistig verschwiegen hat. Der Keller war kurz vor dem Verkauf frisch gestrichen worden, um Feuchtigkeitsschäden zu überdecken. Dies sei dem Käufer trotz Nachfrage nicht offenbart worden. Im Rahmen der Rückabwicklung des Kaufvertrags erhält dieser den Kaufpreis und die bezahlten Nebenkosten rückerstattet.
Ermittlung der ortsüblichen Marktmiete möblierter Wohnungen
Eine Wohnungsmiete muss mindestens 66 % der ortsüblichen Marktmiete betragen, um als voll entgeltliche Vermietung anerkannt zu werden. Liegt die vereinbarte Miete darunter, können Vermieter entstandene Werbungskosten nur anteilig geltend machen.
Wird eine Wohnung möbliert oder teilmöbliert vermietet, kann es zur Ermittlung der Marktmiete erforderlich sein, für die Möblierung einen Zuschlag zu berücksichtigen.
Der Bundesfinanzhof stellte hierzu folgende Grundsätze auf:
Sieht der Mietspiegel für die überlassenen Gegenstände einen prozentualen Zuschlag oder eine Erhöhung des Ausstattungsfaktors über das Punktesystem vor, ist diese Berechnung für die marktübliche Vergleichsmiete heranzuziehen.
Lässt sich dazu dem Mietspiegel nichts entnehmen, ist ein am Markt realisierbarer Möblierungs-zuschlag zu berücksichtigen.
Ist dieser nicht ermittelbar, wird auf die ortsübliche Marktmiete ohne Möblierung abgestellt. Ein Möblierungszuschlag, der auf Grundlage der linearen AfA ermittelt wird, kommt nicht in Betracht. Ebenso wenig ist ein prozentualer Mietrenditeaufschlag anzusetzen.
Umsatzsteuer
Keine überhöhten Anforderungen an Rechnung für Vorsteuerabzug
Eine Rechnung muss, um zum Vorsteuerabzug zu berechtigen, insbesondere Angaben zu der dem Leistenden erteilten Steuernummer oder Umsatzsteuer-Identifikationsnummer, zur Menge und Art (handelsübliche Bezeichnung) der gelieferten Gegenstände und zum Umfang und zur Art der sonstigen Leistung sowie zum Zeitpunkt der Lieferung oder sonstigen Leistung enthalten. Entscheidend ist, dass die Rechnungsangaben es der Finanzverwaltung ermöglichen, die Entrichtung der Umsatzsteuer und ggf. das Bestehen des Vorsteuerabzugsrechts zu kontrollieren. Deshalb dürfen keine überhöhten oder unzumutbaren Anforderungen an die Rechnung gestellt werden.
So kann sich z. B. die grundsätzlich erforderliche Angabe des Kalendermonats, in dem die Leistung erfolgte, aus dem Ausstellungsdatum der Rechnung ergeben, wenn nach den Verhältnissen des Einzelfalls davon auszugehen ist, dass die Leistung in dem Monat bewirkt wurde, in dem die Rechnung ausgestellt wurde. Dabei muss das Finanzamt auch ergänzende zusätzliche Informationen des Steuerpflichtigen berücksichtigen und darf sich nicht auf die Prüfung der Rechnung selbst beschränken.
(Quelle: Urteil des Bundesfinanzhofs)
Umsatzgrenze für Kleinunternehmer bei Differenzbesteuerung muss unionsrechtlich geklärt werden
Auf Umsätze von Kleinunternehmern wird keine Umsatzsteuer erhoben. Kleinunternehmer sind Unternehmer, deren Gesamtumsatz im vorangegangenen Kalenderjahr 17.500 € nicht überschritten hat und im laufenden Kalenderjahr voraussichtlich 50.000 € nicht überschreiten wird.
Es ist nicht eindeutig geklärt, auf welche Bezugsgröße abzustellen ist, wenn die Differenzbesteuerung Anwendung findet. In Fällen der Differenzbesteuerung unterliegt nicht der Verkaufspreis, sondern die Differenz zwischen Einkaufs- und Verkaufspreis (Handelsspanne) der Umsatzsteuer. Die Finanzverwaltung stellt für die Frage, ob ein Unternehmer unter die Kleinunternehmerregelung fällt, auf die gesamten vereinnahmten Entgelte und nicht auf die Summe der Differenzbeträge ab.
Es bestehen erhebliche Bedenken dagegen, ob diese Sichtweise mit dem EU-Recht vereinbar ist. Zumindest der Wortlaut der Mehrwertsteuersystemrichtlinie lässt eine Auslegung dahingehend zu, dass für die Umsatzgrenzen der Kleinunternehmerregelung nur auf die Summe der ermittelten Handelsspannen abzustellen ist. Der Bundesfinanzhof hat deshalb dem Gerichtshof der Europäischen Union diese Frage zur Klärung vorgelegt. Seine Entscheidung bleibt abzuwarten.
Mit freundlichen Grüßen
Jan Niklas
Wirtschaftsprüfer
Steuerberater
Quelle: Blitzlicht Steuern/Recht/Wirtschaft
Herausgeber: DATEV eG, 90329 Nürnberg
Herausgeber und Redaktion: Deutsches Steuerberaterinstitut e.V., Littenstraße 10, 10179 Berlin
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