Mandanteninformation Juni 2017

Umsatzsteuer
Umsatzsteuerfreiheit von Personenbeförderungsleistungen eines Taxiunternehmens für eine Klinik
Die Beförderung von kranken und verletzten Personen mit besonders eingerichteten Fahrzeugen ist umsatzsteuerfrei. Ein Taxiunternehmer war der Auffassung, dass aufgrund seines besonderen Vertrags mit einer privatwirtschaftlichen Klinik diese Befreiungsvorschrift für ihn keine Anwendung fände. Er versteuerte die Umsätze aus Rollstuhltransporten je nach Fahrtstrecke mit dem Regel- bzw. ermäßigten Steuersatz. Dementsprechend wurde auch der volle Vorsteuerabzug in Anspruch genommen. Im Rahmen einer Prüfung behandelte das Finanzamt diese Umsätze als steuerfrei, forderte die in den Rechnungen unberechtigt ausgewiesene Umsatzsteuer und kürzte die Vorsteuern entsprechend.

Das Finanzgericht des Landes Sachsen-Anhalt hat dies bestätigt. Gleichzeitig wurde der Antrag des Taxiunter-nehmers zurückgewiesen, die in den betreffenden Rechnungen ausgewiesene Umsatzsteuer nicht bezahlen zu müssen, obwohl zwischenzeitlich die Rechnungen mit fehlerhaft ausgewiesener Umsatzsteuer berichtigt worden waren. Hierzu weist das Gericht darauf hin, dass diese Rechnungsberichtigung nicht auf den Zeitpunkt der Ausstellung zurückwirkt, sondern erst im Berichtigungszeitraum zum Tragen kommt. Damit war die fehlerhaft ausgewiesene Umsatzsteuer zunächst zu entrichten.
(Quelle: Beschluss des Finanzgerichts des Landes Sachsen-Anhalt)

Unternehmer/Unternehmen
An GmbH als Versicherungsnehmerin gezahlte Versicherungsleistungen wegen Erkrankung des Gesellschafter-Geschäftsführers sind Betriebseinnahmen
Eine Freiberufler-GmbH hatte eine Betriebsunterbrechungsversicherung abgeschlossen, in der auch die Krankheit ihres alleinigen Gesellschafter-Geschäftsführers abgesichert war. Die Versicherungsbeiträge wurden als Betriebsausgaben gebucht. Aufgrund eines krankheitsbedingten Arbeitsausfalls des Geschäftsführers erhielt die GmbH Versicherungsleistungen von 34.200 € ausgezahlt, die sie nicht als betriebliche Einnahme, sondern als nicht steuerbare verdeckte Einlage des Gesellschafters deklarierte. Das Finanzgericht Köln entschied aber, dass es sich um eine betriebliche Einnahme handelt, weil nur die GmbH als Versicherungsnehmerin Anrecht auf die Versicherungsleistung hatte.

Hinweis: Bei Einzelunternehmen und Personengesellschaften sind Aufwendungen für Versicherungen, die das persönliche Krankheitsrisiko der Unternehmer absichern, keine Betriebsausgaben. Versicherungsleistungen sind entsprechend auch keine Betriebseinnahmen.

Gewerbliche Einkünfte durch Vermietung eines Arbeitszimmers an eigenen Auftraggeber
Die Vermietung von Wohnraum ist nur dann eine gewerbliche Tätigkeit, wenn die Betätigung des Vermieters sich als gewinnstrebende Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt und hinter der bloßen Nutzung des Mietobjekts als Vermögensanlage zurücktritt.

In einem vom Bundesfinanzhof entschiedenen Fall erzielte eine Frau gewerbliche Einkünfte, indem sie nebenberuflich für einen Professor Gutachten schrieb. Sie vermietete ein Arbeitszimmer im eigenen Einfamilienhaus an den Professor. Dieser sollte ihr den Raum rücküberlassen, ohne ihn selbst zu nutzen. Der Professor zahlte ihr folglich in Form des Mietzinses einen Aufschlag für die Schreibarbeit. Die Frau machte indes Verluste aus Ver-mietung und Verpachtung geltend. Da sie den Raum ohne die gewerbliche Tätigkeit aber nicht an den Professor vermietet hätte, war die Vermietung Teil ihrer gewerblichen Tätigkeit. Sie hätte daher steuermindernd nur Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer geltend machen können. Dies scheiterte im konkreten Fall jedoch an den hierfür weiter notwendigen räumlichen Voraussetzungen.

Arbeitgeber/Arbeitnehmer
Ferienjobs sind für Schüler sozialversicherungsfrei
Schüler können in den Ferien im Rahmen eines kurzfristigen Beschäftigungsverhältnisses unbegrenzt Geld verdienen, ohne sozialversicherungspflichtig zu werden. Voraussetzung dafür ist, dass die Dauer des Ferienjobs bei einer Arbeitswoche von mindestens fünf Tagen höchstens drei Monate beträgt. Bei einer Arbeitswoche unter fünf Tagen dürfen gesamt 70 Arbeitstage nicht überschritten werden. Eine geringfügige Beschäftigung liegt jedoch nicht mehr vor, wenn diese berufsmäßig ausgeübt wird und das Arbeitsentgelt 450 € im Monat übersteigt.

Wird die Beschäftigung in einem Kalenderjahr über diesen kurzen Zeitraum hinaus fortgesetzt und ein Arbeitsentgelt von bis zu 450 € im Monat gezahlt, sind die Vorschriften für die sog. Minijobs anzuwenden.

Beispiel: Schüler Paul arbeitet erstmals in den Sommerferien vom 20. Juli bis 1. September 2017 montags bis freitags in einer Firma und erhält dafür ein Entgelt von insgesamt 900 €. Es entsteht keine Sozialversicherungs-pflicht, weil er nicht mehr als drei Monate arbeitet. Am 1. Oktober 2017 vereinbaren sie, dass Paul fortan für monatlich 450 € weiterarbeitet. Ab diesem Tag hat der Arbeitgeber pauschale Sozialversicherungsabgaben, Pauschalsteuer und Umlagen an die Minijob-Zentrale der Bundesknappschaft zu entrichten. Außerdem wird ein Arbeitnehmeranteil zur Rentenversicherung einbehalten, sofern Paul keine Befreiung von der Rentenversicherungspflicht beantragt.

Hinweis: Wegen weiterer zu beachtender Vorschriften (z. B. Gesetz zur Stärkung der Tarifautonomie) sollte eine Abstimmung mit dem Steuerberater erfolgen.

Einkommensteuer
Zusammenveranlagung trotz langjähriger räumlicher Trennung
Ein seit 1991 verheiratetes Ehepaar wohnte seit 2001 getrennt. Für 2012 lehnte das Finanzamt deshalb eine Zusammenveranlagung ab.

Das Ehepaar argumentierte dagegen, dass es lediglich räumlich, nicht aber persönlich und geistig getrennt lebte. Die Ehefrau war als Ärztin berufstätig und nur wegen der schwierigen familiären Situation durch die im selben Haus lebende pflegebedürftige Mutter des Mannes ausgezogen. Die Eheleute trafen sich weiterhin regelmäßig abends und an Wochenenden und unternahmen gemeinsame Ausflüge, Urlaube und sonntägliche Kirchen-besuche. Die Kosten hierfür und den Unterhalt des gemeinsamen Sohnes trugen beide stets gemeinsam. Andere Partner gab es niemals. Außerdem war geplant, auf einem gemeinsamen Grundstück einen Bungalow zu errichten, um dort wieder zusammenzuziehen.

Diese Argumente überzeugten das Finanzgericht Münster. Es glaubte dem Ehepaar, die persönliche und geistige Gemeinschaft trotz der räumlichen Trennung aufrechterhalten zu haben. Dass das Ehepaar grundsätzlich getrennt wirtschaftete und getrennte Konten führte, sei heutzutage auch bei räumlich zusammen lebenden Eheleuten üblich.

Günstigere Berechnung der zumutbaren Belastung
Das Sammeln von Arztrechnungen und Apothekenquittungen lohnt sich jetzt noch mehr als bisher, denn der Bundesfinanzhof hat die Berechnung der abziehbaren außergewöhnlichen Belastungen zugunsten der Steuer-zahler geändert.

Krankheitskosten können grundsätzlich als außergewöhnliche Belastung geltend gemacht werden. Sie werden jedoch um die zumutbare Belastung gekürzt. Diese bestimmt sich nach dem Familienstand und der Höhe des Gesamtbetrags der Einkünfte. Sie beträgt zwischen einem und sieben Prozent des Gesamtbetrags der Einkünfte. In drei Stufen steigt die zumutbare Belastung mit dem Gesamtbetrag der Einkünfte an. Bislang wurde der ermittelte Prozentsatz auf den kompletten Gesamtbetrag der Einkünfte einer Stufe angewendet.

Nach der neuen Berechnung wird nur der Teil des Gesamtbetrags der Einkünfte, der den jeweiligen Grenzbetrag übersteigt, mit dem höheren Prozentsatz belastet. Dadurch ist gegenüber der früheren Berechnung die zumutbare Belastung bei höheren Einkommen geringer und folglich die Steuerersparnis höher.

Beispiel: Ein Ehepaar mit einem Kind hat in einem Jahr 4.148 € an Krankheitskosten gezahlt. Der Gesamtbetrag der Einkünfte der Eheleute beträgt 51.835 €. Nach der bisherigen Berechnungsmethode beträgt die zumutbare Belastung der Eheleute 4 % von 51.835 €, also 2.073,40 €.

Nach der neuen Berechnungsmethode ist die zumutbare Belastung in drei Schritten zu ermitteln:

bis 15.340 € 2 % 306,80 €
bis 51.130 € 3 % 1.073,70 €
bis 51.835 € 4 % 28,20 €
zumutbare Belastung 1.408,70 €

Es werden damit 664,79 € Krankheitskosten zusätzlich berücksichtigt.

Doppelte Haushaltsführung eines alleinstehenden Arbeitnehmers
Arbeitnehmer können die notwendigen Mehraufwendungen, die aufgrund einer beruflich veranlassten doppelten Haushaltsführung entstehen, bei ihren Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit als Werbungskosten ansetzen. Zu berücksichtigen sind u. a. die Kosten der Unterkunft am Beschäftigungsort, die Fahrtkosten für die Familienheimfahrten und zeitlich begrenzt für drei Monate die Mehraufwendungen für Verpflegung.

Eine doppelte Haushaltsführung liegt nur vor, wenn der Arbeitnehmer außerhalb des Orts, in dem er einen eigenen Hausstand unterhält, beschäftigt ist und auch am Beschäftigungsort übernachtet. Bedingung ist, dass neben der Zweitwohnung ein anderswo liegender Erst- oder Haupthausstand unterhalten wird. Das Vorliegen eines eigenen Hausstands setzt das Innehaben einer eigenen Wohnung sowie eine finanzielle Beteiligung an den Kosten der Lebensführung voraus.

Ob eine doppelte Haushaltsführung vorliegt, ist bei alleinstehenden Arbeitnehmern häufig schwierig zu beant-worten. Das Finanzgericht des Landes Sachsen-Anhalt stellt auf die Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalls ab. Es weist darauf hin, dass bei alleinstehenden Arbeitnehmern mit zunehmender Dauer der aus-wärtigen Unterkunft grundsätzlich immer mehr dafür spricht, dass die eigentliche Haushaltsführung und auch der Mittelpunkt der Lebensinteressen am Beschäftigungsort liegen oder dorthin verlegt wurden. Wird die Heimatwohnung nur noch zu Besuchszwecken vorgehalten, liegt keine doppelte Haushaltsführung mehr vor.

Möglicherweise muss der Bundesfinanzhof noch entscheiden.

Hinweis: Im Einzelfall ist von Jahr zu Jahr nachzuweisen oder glaubhaft zu machen, dass der Haupt- oder Ersthaushalt nicht nur zu Besuchszwecken vorgehalten wird. Durch die Möglichkeit, dass sich der Lebensmittelpunkt auch in den Jahren nach der erstmaligen Begründung der doppelten Haushaltsführung verlagern kann, ist auf den Nachweis oder die Glaubhaftmachung zu achten.

Mieter/Vermieter/Grundstückseigentümer/Wohnungseigentümer
Mietvertragliche Individualvereinbarungen haben Vorrang vor schriftlichen Formularregelungen
Der Bundesgerichtshof befasste sich in einer Entscheidung mit der Frage, ob mündliche Änderungen eines Gewerbemietvertrags trotz einer formularmäßig vereinbarten sog. doppelten Schriftformklausel wirksam sind. Unter einer doppelten Schriftformklausel versteht man dabei eine Vereinbarung, die vorsieht, dass Änderungen und Ergänzungen des Mietvertrags und auch die Aufhebung dieser Klausel einer schriftlichen Vereinbarung bedürfen.

Nach Ansicht des Gerichts kann eine Schriftformklausel, die formularmäßig vereinbart wurde, jedoch nicht verhindern, dass die Vertragsparteien mündlich oder stillschweigend Änderungen des Vertrags vereinbaren. Eine Individualabrede zwischen den Parteien hat immer Vorrang vor Formularvereinbarungen oder Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Dies beruht auf der Überlegung, dass derartige Vereinbarungen als generelle Richtlinien für eine Vielzahl von Verträgen abstrakt vorformuliert und daher von vornherein auf Ergänzung durch die individuelle Einigung der Parteien ausgelegt sind. Vereinbaren die Parteien, wenn auch nur mündlich, etwas anderes, so kommt dieser Änderung Vorrang zu. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Vertragspartner bei ihrer mündlichen Absprache an die entgegenstehende Klausel gedacht haben und sich bewusst darüber hinwegsetzen wollten.

Fortsetzung eines Mietverhältnisses wegen unzumutbarer Härte der Kündigung
Wehrt sich ein Mieter gegen die Kündigung seines Mietverhältnisses und macht einen Härtefall geltend, der einer Beendigung entgegensteht, so muss sich das Gericht umfassend mit der persönlichen Situation des Mieters auseinandersetzen. Seinen Vortrag zwar als wahr zu unterstellen und sich zum Nachteil des Mieters jedoch kein eigenständiges Bild zu machen, reicht nach Ansicht des Bundesgerichtshofs dabei nicht aus.

In dem entschiedenen Fall kündigte der Vermieter das Mietverhältnis wegen Eigenbedarfs für die vierköpfige Familie seines Sohns. Die Mieter widersprachen der Kündigung, da einer der Mieter gesundheitliche Einschränkungen habe und an einer beginnenden Demenz leide, die sich zu verschlimmern drohe, wenn er aus seiner gewohnten Umgebung gerissen würde.

Die Vorinstanz unterstellte das Vorbringen der Mieter als wahr, befand dieses aber für nicht ausreichend, um eine Kündigung zu verhindern. Ein vom Gesetz geforderter Härtefall liege nicht vor, da das Interesse des Vermieters an einer Beendigung des Mietverhältnisses überwiege. Der Bundesgerichtshof widersprach der Auffassung der Vorinstanz, da diese sich nicht mit der existenziellen Bedeutung der Situation des Mieters auseinandergesetzt habe. Gerade bei drohenden schwerwiegenden Gesundheitsbeeinträchtigungen oder Lebensgefahr seien die Gerichte gehalten, sich bei Fehlen eigener Sachkunde mittels sachverständiger Hilfe ein genaues und ein nicht nur oberflächliches Bild der Lage zu verschaffen. Sie müssten ermitteln, welche gesundheitlichen Folgen im Einzelnen für den Mieter mit einem Umzug verbunden wären. Erst dann könnten diese die Konsequenzen sachgerecht abwägen. Folglich hat das Gericht die Entscheidung der Vorinstanz aufgehoben und zur erneuten Verhandlung dorthin zurückverwiesen.

Sonstiges
Unfallschaden: Verweis auf günstigere Reparaturmöglichkeit in einer freien Fachwerkstatt
In einem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall hatte der Halter eines ca. neun Jahre alten Kraftfahrzeugs einen Verkehrsunfall. Er verlangte vom Unfallgegner bzw. dessen Haftpflichtversicherung Entschädigung des Sachschadens. Zur fiktiven Abrechnung seines Schadens holte der Halter ein Sachverständigengutachten ein, in dem die Stundenverrechnungssätze einer markengebundenen Fachwerkstatt zugrunde gelegt wurden. Die gegnerische Haftpflichtversicherung verwies auf eine günstigere Reparaturmöglichkeit in einer freien Fachwerkstatt mit geringeren Stundenverrechnungssätzen.

Das Gericht bestätigte die Auffassung der Versicherung.

Zwar kann auch bei einem bereits mehr als drei Jahre alten Fahrzeug der Verweis auf eine günstigere Reparaturmöglichkeit in einer freien Fachwerkstatt unzumutbar sein, wenn der Geschädigte das Fahrzeug bisher stets in einer markengebundenen Fachwerkstatt hat warten und reparieren lassen. In dem entschiedenen Fall war das beschädigte Fahrzeug in den letzten Jahren aber nicht mehr in einer markengebundenen Fachwerkstatt gewartet worden.

Mit freundlichen Grüßen

Jan Niklas
Wirtschaftsprüfer
Steuerberater

Quelle: Blitzlicht Steuern/Recht/Wirtschaft
Herausgeber: DATEV eG, 90329 Nürnberg
Herausgeber und Redaktion: Deutsches Steuerberaterinstitut e.V., Littenstraße 10, 10179 Berlin
Diese fachlichen Informationen können den zugrundeliegenden Sachverhalt oftmals nur verkürzt wiedergeben und ersetzen daher nicht eine individuelle Beratung durch Ihren Steuerberater.