Verfahrensrecht
Bundesfinanzhof (BFH) versagt vorläufigen Rechtsschutz gegen den Solidaritätszuschlag
Die Vollziehung eines Bescheids über den Solidaritätszuschlag ist nicht deshalb aufzuheben, weil ein Finanzgericht (FG) im Rahmen eines Vorlagebeschlusses das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) zur Klärung der Verfassungsmäßigkeit des Solidaritätszuschlaggesetz (SolZG) angerufen hat.
Das öffentliche Interesse am Vollzug des SolZG kann das Interesse der Steuerpflichtigen an der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes überwiegen.
Mit diesen Leitsätzen hat der BFH die Aussetzung der Vollziehung des Solidaritätszuschlags in einem Einkommensteuerfall 2012 abgelehnt.
Die Anrufung des BVerfG durch ein FG führt nicht zu ernstlichen Zweifeln an der Rechtmäßigkeit eines auf die vorgelegte Norm gestützten Verwaltungsakts. Es kann dahingestellt bleiben, ob sich aufgrund der Vorlage des FG an das BVerfG überhaupt ernstliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des SolZG ergeben können.
Das SolZG ist formell verfassungsgemäß zustande gekommen und kann somit Geltung beanspruchen bis das BVerfG abweichend entscheidet.
Abgrenzung der Anzeige- und Berichtigungspflicht von einer Selbstanzeige
Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat die Verwaltungsvorschriften zur Berichtigung von Steuererklärungen ergänzt. Erstmals zeigt es detailliert Unterschiede zwischen der Anzeige- und Berichtigungspflicht und der strafbefreienden Selbstanzeige auf.
Steuerlich besteht eine Anzeige- und Berichtigungspflicht, wenn der Steuerpflichtige nachträglich erkennt, dass seine abgegebene Erklärung objektiv unrichtig oder unvollständig ist und dass es dadurch zu einer Steuerverkürzung gekommen ist oder kommen kann. Kommt der Steuerpflichtige unverzüglich seiner Anzeige- und Berichtigungspflicht nach, liegt weder eine Steuerhinterziehung noch eine leichtfertige Steuerverkürzung vor. Der Steuerpflichtige darf jedoch weder vorsätzlich noch leichtfertig gehandelt haben. Hier liegt der große Unterschied zwischen einer Selbstanzeige und einer Berichtigung. Wenn der Steuerpflichtige nicht wusste, dass seine Steuererklärung falsch war, darf er diese berichtigen, sonst muss er eine Selbstanzeige einreichen.
Das BMF führt aus, dass sog. bedingter Vorsatz für die Steuerhinterziehung ausreichend ist und nennt entsprechende Beispielsfälle. Ebenfalls erläutert es, wann eine Steuerverkürzung leichtfertig vorgenommen wurde.
Die neuen Verwaltungsvorschriften geben darüber hinaus Hinweise, die die Praxis dabei unterstützen sollen, offene Fragen hinsichtlich der Anzeige- und Berichtigungspflicht zu klären.
Zuschätzungen für frühere Jahre bei einem Imbissbetrieb
Nach einem Urteil des Finanzgerichts Hamburg können festgestellte Umsätze eines Jahres als Schätzungsgrundlage für Umsätze in früheren Jahren herangezogen werden. Voraussetzung ist, dass sich die wirtschaftlichen Verhältnisse zwischenzeitlich nicht wesentlich geändert haben. Die Beweislast dafür, dass die Annahmen der Finanzverwaltung unzutreffend sind, trägt der Steuerpflichtige.
Anmerkung: Die Gefahr von Zuschätzungen ist besonders groß bei Betrieben mit umfassenden Bareinnahmen. Die Kasse ist täglich zu führen, die sog. „Z-Abschläge“ sind in jedem Fall aufzubewahren. Außerdem sollten Besonderheiten des Unternehmens und in der Preisgestaltung als Beweismittel für Prüfungszwecke zur Verfügung stehen. Besonderheiten können z. B. zeitweise Straßensperrungen, außerordentliche Witterungsbedingungen, außerordentliche Tagesereignisse mit Einfluss auf das Geschäft, krankheitsbedingte Einschränkungen der Öffnungszeiten u. ä. sein. Zusätzlich sollten Gaststätten oder Imbissbetriebe die Speisekarten aufbewahren, um Preisänderungen möglichst auf den Tag genau nachvollziehen zu können. Sonderaktionen mit Sonderpreisen sind zu dokumentieren.
Für die Zukunft ist von Seiten des Gesetzgebers vorgesehen, für Kassensysteme und IT-gestützte Buchführungssysteme bestimmte Standards vorzuschreiben, die keine Manipulationsmöglichkeit mehr zulassen.
Einkommensteuer
Aufnahme eines Studiums nach Berufstätigkeit kein Bestandteil einer Erstausbildung
Nimmt ein Kind nach Abschluss einer kaufmännischen Ausbildung ein Studium auf, welches eine Berufstätigkeit voraussetzt, ist dieses Studium nicht mehr zwingend Bestandteil einer einheitlichen Erstausbildung. Liegt eine Zweitausbildung vor, kann der Kindergeldanspruch entfallen.
Ein volljähriges Kind hatte nach Ausbildung zur Kauffrau im Gesundheitswesen als Angestellte in einer Klinik gearbeitet. Sie bewarb sich für ein berufsbegleitendes Studium an einer Verwaltungsakademie mit dem Ziel, eine Tätigkeit im mittleren Management Gesundheitswesen aufzunehmen. Die Arbeitszeit im Beschäftigungsverhältnis nach der Berufsausbildung betrug 30 Wochenstunden.
Der Bundesfinanzhof (BFH) kommt zu dem Ergebnis, dass das Studium hier in keinem engen Zusammenhang mit der vorhergehenden Berufsausbildung steht und damit auch nicht Bestandteil einer Erstausbildung sein kann. Der enge Zusammenhang entfällt laut BFH vorliegend durch die vorausgesetzte vorangegangene Berufstätigkeit.
Dieser Einschnitt führt dazu, dass es sich um einen Weiterbildungsstudiengang (Zweitausbildung) handelt. Im Ergebnis erlosch die Kindergeldberechtigung.
Differenzkindergeld ist kindbezogen zu berechnen
Werden im Ausland dem Kindergeld vergleichbare Leistungen gewährt, ist der deutsche Kindergeldanspruch um den im anderen Staat gezahlten Betrag zu kürzen, sog. Differenzkindergeld. Der Bundesfinanzhof hatte zu entscheiden, ob das Differenzkindergeld kind- oder familienbezogen zu berechnen ist.
In dem Fall lebte eine Familie mit vier Kindern im Inland. Der Vater erhielt als Arbeitnehmer in der Schweiz für die Kinder Familienzulagen. Die Schweiz ist vorrangig für die Gewährung von Familienleistungen zuständig, weil der Kindsvater in der Schweiz beschäftigt ist. Ist die Schweizer Familienzulage geringer als das deutsche Kindergeld,
zahlt die inländische Familienkasse dem Kindergeldberechtigten den Unterschiedsbetrag. Im Streitfall betrugen die Schweizer Familienzulagen monatlich für die zwei jüngsten Kinder je 165 € und für die zwei ältesten Kinder je 206 €. Die Familienkasse gewährte Kindergeld für die zwei ältesten Kinder von monatlich 184 €, für das dritte Kind 190 € und das vierte Kind 215 € (insgesamt 773 €). Davon zog es die Schweizer Familienzulage von insgesamt 742 € ab und zahlte noch 31 € aus. Das Finanzgericht berechnete kindbezogen, so dass sich Differenzkindergeld von insgesamt 75 € ergab.
Dieser Berechnung folgte auch der Bundesfinanzhof: Die Berechnung des Differenzkindergelds erfolgt nach dem Einkommensteuergesetz kindbezogen. Das Differenzkindergeld kann nicht bei einzelnen Kindern mit einem übersteigenden Betrag bei anderen Kindern verrechnet werden, weil dafür eine gesetzliche Grundlage fehlt. Das europäische Recht regelt keine Berechnungsmethode, wie die Familienleistungen eines primär und eines sekundär zuständigen Mitgliedstaates miteinander zu vergleichen sind. Die Verordnung räumt den Mitgliedstaaten damit einen Gestaltungsspielraum ein. Daher obliegt die Letztkonkretisierung dem Gesetzgeber und das deutsche Einkommensteuergesetz hat die Gewährung und Festsetzung des Kindergelds kindbezogen ausgestaltet.
Ausübung von Aktienoptionen als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit
Zum steuerpflichtigen Arbeitslohn gehören alle Vorteile, die für eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst gewährt werden. Arbeitslohn ist folglich jeder geldwerte Vorteil, der durch das individuelle Dienstverhältnis veranlasst ist. Ein Veranlassungszusammenhang zwischen Vorteil und Dienstverhältnis ist anzunehmen, wenn der Arbeitnehmer einen erhaltenen Vorteil wirtschaftlich als Entgelt für seine Dienstleistung für den Arbeitgeber betrachten muss. Dementsprechend kann auch die Gewährung eines Aktien-Optionsrechts zu Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit führen.
Das Finanzgericht Hamburg bestätigte diese Rechtsauffassung und entschied klarstellend: Wird einem Arbeitnehmer das Recht eingeräumt, zu einem späteren Zeitpunkt Aktien verbilligt zu erwerben, fließt der Lohn nicht schon mit der Einräumung des Rechts, sondern erst im Zeitpunkt der Ausübung der Option zu. Erst dann ist der Vorteil zu versteuern. Dem Arbeitnehmer fließt der Vorteil auch zu, wenn er die Optionsrechte anderweitig verwertet. Eine anderweitige Verwertung liegt z. B. vor, wenn der Arbeitnehmer auf ein ihm eingeräumtes Aktienankaufsrecht gegen Entgelt verzichtet.
Häusliches Arbeitszimmer rechtfertigt nicht Berücksichtigung der Aufwendungen für Nebenräume
Bei einem steuerrechtlich anzuerkennenden Arbeitszimmer sind Aufwendungen für Nebenräume (Küche, Bad und Flur), die in die häusliche Sphäre eingebunden sind und zu einem nicht unerheblichen Teil privat genutzt werden, nicht als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abziehbar.
Eine selbstständige Lebensberaterin unterhielt in ihrer Wohnung ein häusliches Arbeitszimmer, das sie so gut wie ausschließlich für ihre nur von diesem Arbeitszimmer aus betriebene Tätigkeit nutzte. Während das Finanzamt die Aufwendungen dafür als Betriebsausgaben anerkannte, versagte es die Berücksichtigung der hälftigen Kosten für die jedenfalls auch privat genutzten Nebenräume Küche, Bad und Flur.
Der Bundesfinanzhof (BFH) gab dem Finanzamt Recht. Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer, das nicht nahezu ausschließlich betrieblich oder beruflich genutzt wird, sog. gemischt genutztes Arbeitszimmer, sind steuerlich nicht zu berücksichtigen. Diesen Grundsatz weitet der BFH nun auch auf Nebenräume der häuslichen Sphäre aus. Die Nutzungsvoraussetzungen sind individuell für jeden Raum und damit auch für Nebenräume zu prüfen. Eine zumindest nicht unerhebliche private Mitnutzung derartiger Räume ist daher abzugsschädlich.
Arbeitnehmer/Arbeitgeber
Anrechnung von Sonderzahlungen auf den gesetzlichen Mindestlohn
Wird mit Sonderzahlungen die Arbeitsleistung vergütet, können sie auf den Mindestlohn angerechnet werden.
Der Arbeitgeber muss für jede geleistete Arbeitsstunde den Mindestlohn zahlen. Etwas anderes gilt nur, wenn Zahlungen ohne Rücksicht auf die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers oder aufgrund einer besonderen Zweckbestimmung erbracht werden.
In einem vom Bundesarbeitsgericht entschiedenen Fall erhielt eine Arbeitnehmerin laut Arbeitsvertrag einen Stundenlohn von weniger als 8,50 €. Daneben waren vertraglich bestimmte Lohnzuschläge sowie Urlaubs- und Weihnachtsgeld vorgesehen, die aufgrund einer Betriebsvereinbarung zu je 1/12 mit dem monatlichen Gehalt ausgezahlt wurden. Die Arbeitnehmerin meinte, dass Monatsgehalt und Sonderzahlungen auf der Basis des gesetzlichen Mindestlohns gezahlt werden müssten.
Nach Auffassung des Gerichts können diese Zahlungen als Entgelt für die Arbeitsleistung auf den gesetzlichen Mindestlohn angerechnet werden. Der gesetzliche Mindestlohn verändert die bisherigen Anspruchsgrundlagen nicht, sondern tritt als eigenständiger Anspruch daneben. Durch die vorbehaltlos und unwiderruflich in jedem Kalendermonat zu 1/12 geleisteten Jahressonderzahlungen sei der Mindestlohnanspruch erfüllt.
Änderungen von Arbeitsverträgen zur Nettolohnoptimierung sind im Beitragsrecht der Sozialversicherung zu beachten
Wenn sich ein Arbeitgeber mit bei ihm Beschäftigten darauf verständigt, Arbeitsverträge in der Weise zu ändern, dass der bisherige Barlohn verringert wird und den Arbeitnehmern im Gegenzug lohnsteuerfreie oder pauschal besteuerte weitere Leistungen gewährt werden (Nettolohnoptimierung), so darf der betreffende Sozialversicherungsträger dies nicht einfach für beitragsrechtlich unbeachtlich erklären. Dies hat das Landessozialgericht Baden-Württemberg entschieden.
In dem Verfahren ging es um Beschäftigte eines Gartencenters. Ihr Arbeitgeber hatte schriftlich mit ihnen vereinbart, dass ihr Bruttolohn abgesenkt wurde und dass ihnen im Gegenzug Sachleistungen, u. a. Tankgutscheine, Restaurantschecks, Erholungsbeihilfen, Reinigungspauschalen, Personalrabatte und Kinderbetreuungszuschüsse gewährt wurden. Als eine sozialversicherungsrechtliche Betriebsprüfung stattfand, wurde dies beanstandet. Der Sozialversicherungsträger forderte den Arbeitgeber auf, rd. 14.000 € an Beiträgen nachzuentrichten.
Zu Unrecht, wie nun das Landessozialgericht Baden-Württemberg feststellte. Das Gericht entschied, dass für Arbeitgeberleistungen, die nach den beitragsrechtlichen Vorschriften nicht zum Arbeitsentgelt gehören (z. B. Erholungsbeihilfen) oder bereits mit den richtigen Sachbezugswerten berücksichtigt wurden (z. B. Restaurantschecks) keine weiteren Beiträge verlangt werden dürfen. Darauf, dass dies im Leistungsfall auch entsprechend geringere Ansprüche des Arbeitnehmers gegen die Sozialversicherung zur Folge habe, komme es nicht an.
Erbschaftsteuer
Steuervergünstigung für ein Familienheim setzt zivilrechtliches Eigentum des Erblassers voraus
Die Steuervergünstigung für ein Familienheim setzt im Erbfall neben weiteren Bedingungen voraus, dass der Erblasser zum Zeitpunkt seines Todes im Grundbuch als Eigentümer eingetragen war. Solange dies nicht der Fall ist, handelt es sich lediglich um ein Anwartschaftsrecht auf das Eigentum. Es ist mit dem Verkehrswert und nicht mit dem Grundbesitzwert anzusetzen. Nach der Entscheidung des Finanzgerichts München spielt es für die rechtliche Beurteilung keine Rolle, ob alle sonstigen Bedingungen für die steuerfreie Übertragung eines Familienheims erfüllt sind.
Im Urteilsfall lebte der Vater mit seinen beiden Kindern in einer noch von der Mutter zu Lebzeiten käuflich erworbenen Eigentumswohnung. Die Auflassung war erklärt, die Auflassungsvormerkung im Grundbuch eingetragen, der Einzug in die Wohnung vollzogen und die melderegisterliche Ummeldung erfolgt. Lediglich die grundbuchamtliche Umschreibung war bis zum Ableben der Mutter noch nicht vollzogen. Ursache hierfür war, dass es zwischen der Bauherrin (Erblasserin) und dem Bauträger zu Unstimmigkeiten gekommen war. Deshalb urteilten Finanzamt und Finanzgericht übereinstimmend, dass es sich lediglich um ein mit dem Verkehrswert zu bewertendes Anwartschaftsrecht handele. Die Steuervergünstigungen für ein Familienheim wären nicht zu gewähren.
Da gegen die Entscheidung des Finanzgerichts Revision beim Bundesfinanzhof eingelegt wurde, bleibt dessen endgültige Entscheidung abzuwarten.
Umsatzsteuer
Speiseumsätze eines Imbissbetriebs im Gastronomiebereich eines Einkaufszentrums müssen in dem regulären und dem ermäßigten Umsatzsteuersatz unterliegende Leistungen aufgeteilt werden
Die Abgabe frisch zubereiteter Speisen zum sofortigen Verzehr an Imbissbetrieben stellt grundsätzlich eine dem ermäßigten Umsatzsteuersatz (7 %) unterliegende Lieferung dar. Eine dem regulären Umsatzsteuersatz (19 %) unterliegende sonstige Leistung liegt allerdings vor, wenn zu der Abgabe der Speisen sonstige Dienstleistungselemente in erheblichem Umfang hinzutreten. Solche Dienstleistungselemente können sein das Endreinigen von Geschirr, das Abräumen und Endreinigen von Tischen und die Zurverfügungstellung von Geschirr und Besteck, Tischen und Stühlen. Treten solche Dienstleistungselemente hinzu, müssen, sofern beide Verkaufsarten vorliegen, die Umsätze aufgeteilt werden.
Stellt der Prüfer des Finanzamts an mehreren Tagen fest, dass die Aufteilung des Unternehmers genau umgekehrt zu seinen Ermittlungen ist, begründet dies erhebliche Zweifel an der Richtigkeit der Aufteilung durch den Unternehmer und berechtigt das Finanzamt zur Schätzung. Bei der Schätzung sind alle Umstände zu berücksichtigen, wie z. B. die Lage des Imbissbetriebs bzw. welche Speisen abgegeben werden. Die stichprobenartige Ermittlung des Prüfers darf auch berücksichtigt werden. (Quelle: Urteil des Finanzgerichts Hamburg)
Ermittlung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung bei verbilligter Überlassung
Beträgt das Entgelt für die Überlassung einer Wohnung weniger als 56 % (ab 1. Januar 2012 66 %) der ortsüblichen Marktmiete, ist die Nutzungsüberlassung in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Anteil aufzuteilen. Dabei ist für die Ermittlung der Marktmiete die ortsübliche Netto-Kaltmiete zugrunde zu legen und der vereinbarten Netto-Kaltmiete gegenüber zu stellen.
Die zu entrichtenden Betriebskosten sind in eine solche Vergleichsrechnung nicht mit einzubeziehen. Liegt das Entgelt für die Überlassung zwischen 56 % und 75 % ist eine Überschussprognose erforderlich. Ist diese Prognose positiv, erfolgt keine quotale Kürzung der Werbungskosten. Ansonsten ist quotal zu kürzen.
Dies galt für Veranlagungszeiträume bis einschließlich 2011. Ab 2012 erfolgt eine Kürzung bei einer auf Dauer angelegten Vermietung zu Wohnzwecken nur, wenn die tatsächliche Miete weniger als 66 % beträgt. Bei einer langfristigen Vermietung wird generell von einer Einkünfteerzielungsabsicht ausgegangen. Eine Überschussprognose ist nicht erforderlich.
Der Bundesfinanzhof muss abschließend entscheiden. (Quelle: Urteil des Finanzgerichts Düsseldorf)
Unternehmer/Unternehmen/Beteiligungen
Nachträgliche Dynamisierung der Altersrente eines GmbH-Gesellschafter-Geschäftsführers bei fehlender Erdienbarkeit nicht anzuerkennen
Damit eine Altersversorgungszusage einer GmbH an ihren Gesellschafter-Geschäftsführer steuerlich anzuerkennen ist, muss diese u. a. von diesem noch erdienbar sein. Bei einem beherrschenden Gesellschafter verlangt dies, dass der Zeitraum zwischen der Zusage der Pension und dem vorgesehenen Zeitpunkt des Eintritts in den Ruhestand mindestens noch zehn Jahre beträgt. Ein nicht beherrschender Gesellschafter kann die Pension noch erdienen, wenn vom vorgesehenen Zeitpunkt der Pension aus gesehen der Beginn seiner Betriebszugehörigkeit mindestens zwölf Jahre zurückliegt und die Versorgungszusage für mindestens drei Jahre bestanden hat. Ist die Pension nicht mehr erdienbar, sind die Zuführungen zur Pensionsrückstellung regelmäßig steuerlich nicht als Betriebsausgaben anzuerkennen, sondern stellen verdeckte Gewinnausschüttungen dar.
Ausnahmsweise kann eine nicht mehr erdienbare Altersrente steuerlich anzuerkennen sein. Das gilt z. B. für den Fall, dass die Steigerung der Lebenshaltungskosten seit der letzten Pensionszusage mehr als 20 % beträgt.
Die vorgenannten Grundsätze gelten auch bei einer nachträglichen Dynamisierung einer Alterszusage. Für die Frage der Erdienbarkeit ist auf den frühestmöglichen Eintritt in den Ruhestand abzustellen. Ob der Geschäftsführer tatsächlich noch zehn Jahre im Dienst bleibt, ist unerheblich. (Quelle: Urteil des Finanzgerichts Hamburg)
Verlustverrechnung bei negativem Kapitalkonto eines Kommanditisten
Der einem Kommanditisten zuzurechnende Anteil am Verlust der Kommanditgesellschaft (KG) darf weder mit anderen Einkünften aus Gewerbebetrieb noch mit Einkünften aus anderen Einkunftsarten ausgeglichen werden, soweit durch die Zurechnung des Verlusts ein negatives Kapitalkonto des Kommanditisten entsteht oder sich erhöht. Auch ein Verlustabzug ist nicht möglich. Eine Beschränkung des Verlustausgleichs- oder -abzugs erfolgt, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:
• Haftungsbeschränkung des Gesellschafters,
• Mitunternehmerstellung des beschränkt haftenden Gesellschafters,
• Zurechnung eines Verlustanteils,
• Entstehung oder Erhöhung eines negativen Kapitalkontos durch Verlustzurechnung.
Der nicht ausgleichs- bzw. abzugsfähige – und damit nur verrechenbare – Verlust mindert allerdings die Gewinne, die dem Kommanditisten in späteren Wirtschaftsjahren aus seiner Beteiligung an der KG zufließen.
Dem Finanzgericht Münster lag folgender Fall zur Entscheidung vor: Für den alleinigen Kommanditisten einer KG war zum 31. Dezember 2010 schon ein verrechenbarer Verlust und ein negatives Kapitalkonto festgestellt. Die KG (zu 94 %) und der Kommanditist (zu 6 %) waren an einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) beteiligt. Das Finanzamt stellte für 2011 negative Einkünfte aus Gewerbebetrieb der KG fest. In dem auf den Kommanditisten entfallenden Anteil war ein Verlust aus der GbR-Beteiligung enthalten. Der gesamte Verlustanteil des Kommanditisten wurde vom Finanzamt als „nur“ verrechenbarer Verlust festgestellt. Dagegen wehrte sich der Kommanditist. Er war der Ansicht, dass der Verlust aus der GbR nicht in die Berechnung des verrechenbaren Verlusts einbezogen werden dürfe.
Das Finanzgericht folgte der Auffassung des Finanzamts und entschied: Der Verlustanteil aus einer GbR, an der eine KG und deren alleiniger Kommanditist beteiligt sind, erhöht das negative Kapitalkonto des Kommanditisten und fällt unter das Verlustausgleichsverbot. Der Bundesfinanzhof muss abschließend entscheiden.
Sonstiges
Nachweis des Erbrechts durch Vorlage eines eröffneten eigenhändigen Testaments
Der Erbe ist bis auf wenige Ausnahmen nicht verpflichtet, sein Erbrecht durch einen Erbschein nachzuweisen. Er hat die Möglichkeit, den Nachweis auch in anderer Form zu erbringen. Neben einem eröffneten notariellen Testament oder Erbvertrag kann der Nachweis auch mittels eines eindeutigen handschriftlichen, nachlassgerichtlich eröffneten Testaments oder im Fall der gesetzlichen Erbfolge mittels der üblichen Personenstandsurkunden geführt werden. Der Nachweis mittels eröffnetem handschriftlichen Testament ist aber nur dann möglich, wenn das Testament eindeutig ist und keiner gesteigerten Auslegung bedarf.
In Anwendung dieser Grundsätze hat der Bundesgerichtshof ein Kreditinstitut, das zu Unrecht die Vorlage eines Erbscheins verlangt hatte, zu Schadensersatz verurteilt, konkret zur Erstattung der Gerichtskosten für die Erteilung des Erbscheins.
Hinweis: Zur Änderung des Grundbuchs oder des Schiffsregisters reicht ein eröffnetes handschriftliches Testament als Nachweis nicht aus
Mit freundlichen Grüßen
Janusz Kopiec
Wirtschaftsprüfer
Steuerberater
Quelle: Blitzlicht Steuern/Recht/Wirtschaft
Herausgeber: DATEV eG, 90329 Nürnberg
Herausgeber und Redaktion: Deutsches Steuerberaterinstitut e.V., Littenstraße 10, 10179 Berlin
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