Mandanteninformation August 2017

Einkommensteuer
Häusliches Arbeitszimmer eines Selbstständigen mit eingeschränktem betrieblichem Arbeitsplatz kann steuerlich abzugsfähig sein
Ein selbstständiger Logopäde betrieb seine Praxis mit mehreren Angestellten in gemieteten Räumen, in denen sich ausschließlich Behandlungsräume befanden. Zwar waren auch Tische mit Computern und Aktenschränkenvorhanden, in denen aber einzig Patientenunterlagen aufbewahrt wurden. Die sonstigen betrieblichen Unterlagen, wie bspw. Krankenkassenabrechnungen oder die Buchführung einschließlich der Bankkonten, konnte er dort nicht abgeschlossen aufbewahren. Die Dokumente hätten von seinen Angestellten in seiner Abwesenheit eingesehen werden können. Theoretisch wäre zwar auch in den Behandlungsräumen die Erledigung der anderen betrieblichen Arbeiten in den Abendstunden oder an den Wochenenden möglich gewesen; dazu hätte er allerdings jedes Mal die sonstigen Unterlagen von seiner Wohnung in die Praxis und zurück befördern müssen. Deshalb erledigte er diese Arbeiten in seinem häuslichen Arbeitszimmer und machte die Kosten hierfür im Rahmen des Höchstbetrags von 1.250 € als Betriebsausgaben geltend. Das Finanzamt meinte, in der Praxis sei ein Arbeitsplatz vorhanden, der den Abzug von Kosten eines häuslichen Arbeitszimmers ausschließe.

Der Bundesfinanzhof ließ den Abzug zu, weil der Logopäde in seiner Praxis zur Aufbewahrung seiner sonstigen Betriebsunterlagen keine geeigneten Räumlichkeiten hatte und diese auch nicht ohne weiteres hergestellt werden konnten.

Hinweis: Das häusliche Arbeitszimmer eines Selbstständigen ist notwendiges Betriebsvermögen, wenn der Wert mehr als ein Fünftel des gemeinen Werts des gesamten Grundstücks und mehr als 20.500 € beträgt. Es ist dann steuerverstrickt, d. h., der spätere Verkauf des eigenen Hauses, in dem sich das Arbeitszimmer befindet, oder auch die Betriebsaufgabe kann zu Steuerbelastungen führen.

Keine Absetzung für Abnutzung auf die Anschaffungskosten einer Vertragsarztzulassung
Die Anschaffungskosten für den Erwerb einer Vertragsarztzulassung als alleinigem Gegenstand eines Übertragungsvertrags sind als selbstständiges nicht abschreibbares Wirtschaftsgut zu behandeln. Sie können erst im Rahmen einer späteren Praxisveräußerung oder -aufgabe das zu ermittelnde Veräußerungs- oder Aufgabeergebnis beeinflussen. Nach einem Urteil des Bundesfinanzhofs handelt es sich hierbei allerdings um einen Sonderfall.

Als Regelfall ist nach einem weiteren Urteil des Bundesfinanzhofs der Erwerb einer Vertragsarztpraxis einschließlich ihrer wertbildenden Faktoren anzusehen. Solche sind z. B. der Patientenstamm, die Praxiseinrichtung, die Übernahme von Arbeitnehmern, des Mietvertrags, der Versicherungsverträge usw. Der Vorteil aus der Vertragsarztzulassung ist in diesem Fall neben dem Patientenstamm in dem erworbenen Wirtschaftsgut „Praxiswert“ enthalten. Dieser ist mangels eines sachlich begründbaren Aufteilungs- und Bewertungsmaßstabs einheitlich zu bewerten und regelmäßig über einen Zeitraum von drei bis fünf Jahren abzuschreiben.

Unternehmer/Unternehmen
Kassenführungsmängel bei PC-Kassensystemen
Ist die Kassenführung nicht ordnungsgemäß, hat dies den Verlust der Ordnungsmäßigkeit der gesamten Buchführung zur Folge. Das Ergebnis der Buchführung (Umsatz, Gewinn) hat dann keine Beweiskraft. Das Finanzamt hat die Besteuerungsgrundlagen zu schätzen.

Die Vorschriften zur ordnungsgemäßen Kassenführung stellen für alle Unternehmer eine enorme Herausforderung dar. Bei der Nutzung programmierbarer elektronischer Kassensysteme stellt z. B. das Fehlen der Programmierprotokolle einen gewichtigen formellen Kassenführungsmangel dar, der jedenfalls bei bargeldintensiven Betrieben zur Hinzuschätzung berechtigt. Zu den aufzuhebenden Protokollen gehören insbesondere diejenigen Unterlagen, die nachträgliche Änderungen dokumentieren.

In einem vom Finanzgericht Münster entschiedenen Fall erfasste ein Friseur seine Bareinnahmen über eine PC-gestützte Kassensoftware. Diese Software verfügte noch über weitere Funktionen, wie eine Kundenkartei und Terminverwaltung. Protokolle über die Einrichtung sowie die Programmierung des Kassensystems lagen nicht vor.

Das Gericht entschied, dass die für elektronische Registrierkassen geltenden Grundsätze ebenso auf PC-Kassensysteme anzuwenden sind und bestätigte die Schätzungsbefugnis wegen der Kassenführungsmängel.

Hinweis: Seit 1. Januar 2017 gelten die strengen Vorgaben für elektronische Kassensysteme ausnahmslos. Die bis dahin bestehende Übergangsregelung für nicht aufrüstbare „Altgeräte“ ist ausgelaufen. Überdies hat der Gesetzgeber generell die Anforderungen an die Kassenführung nochmals verschärft. Es sind Übergangsfristen zu beachten. Um unliebsame Überraschungen bei Betriebsprüfungen zu vermeiden, sollte unverzüglich Kontakt zum steuerlichen Berater aufgenommen werden.

Pauschale Einkommensteuer für Geschenke an Geschäftsfreunde ist nicht abziehbar
Geschenke an inländische Geschäftsfreunde unterliegen beim Empfänger der Einkommensteuer. Damit das Geschenk seinen Zweck erfüllt, kann der Schenkende die Steuer dafür pauschal übernehmen und den Beschenkten dadurch von seiner Steuerpflicht freistellen. Übersteigt der Wert des Geschenks 35 €, darf der Schenkende seine Aufwendungen nicht als Betriebsausgabe abziehen. Der Bundesfinanzhof hat nun entschieden, dass in den Betrag von
35 € auch die pauschale Steuer einzubeziehen ist.

Ein Konzertveranstalter hatte Freikarten an seine Geschäftspartner verteilt. Soweit ihnen dadurch steuerpflichtige Einnahmen zugeflossen sind, übernahm er pauschal die Einkommensteuer von 30 % und führte sie an das Finanzamt ab. Diese Steuer hat der Bundesfinanzhof als ein weiteres Geschenk beurteilt. Sie wird steuerlich so behandelt wie das Geschenk selbst. Sind die Kosten für das Geschenk nicht abziehbar, gilt das auch für die übernommene Steuer.

Ein Betriebsausgabenabzug kommt auch dann nicht in Betracht, wenn die Grenze von 35 € erst durch die Pauschalsteuer überschritten wird.

Übersetzungstätigkeit kann durch Zukauf von Fremdübersetzungen gewerblich werden
Liefert eine Personengesellschaft ihren Kunden im Rahmen einheitlicher Aufträge regelmäßig und in nicht unerheblichem Umfang Übersetzungen auch in Sprachen, die ihre Gesellschafter nicht selbst beherrschen, ist sie gewerblich tätig.

Eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) war auf technische Übersetzungen spezialisiert. Sie lieferte technische Handbücher, Bedienungsanleitungen und ähnliche Dokumente nebst Übersetzungen in verschiedene Sprachen. Für Sprachen, die ihre Gesellschafter selbst nicht beherrschten, nutzte sie ein EDV-System zur rechnergestützten Übersetzung und beauftragte außerdem fremde Übersetzer. Das Finanzamt sah die Tätigkeit der GbR als gewerblich an und erließ Gewerbesteuermessbescheide.

Der Bundesfinanzhof bestätigte die Auffassung des Finanzamts. Übersetzungstätigkeiten von Personengesellschaften sind nur dann freiberuflich, wenn deren Gesellschafter aufgrund eigener Sprachkenntnisse in der Lage sind, die beauftragten Übersetzungsleistungen selbst zu erbringen. Sie können sich auch fachlich vorgebildeter Mitarbeiter bedienen, wenn sie dabei leitend und eigenverantwortlich tätig sind.

Keine Freiberuflichkeit, sondern Gewerblichkeit liegt vor, wenn die Gesellschafter die beauftragte Sprache nicht selbst beherrschen, da sie die Richtigkeit der Übersetzungen nicht überprüfen können. Der Einsatz der EDV kann das Defizit im Bereich eigener Sprachkompetenz nicht ausgleichen. Die Gewerbesteuermessbescheide wurden daher zu Recht erlassen.

Beschränkung des Verlustabzugs bei Kapitalgesellschaften ist verfassungswidrig
Das Bundesverfassungsgericht hat festgestellt, dass die Verlustabzugsbeschränkung bei Körperschaften in Teilen mit dem Grundgesetz unvereinbar ist.

An einer GmbH waren zwei Gesellschafter mit 48 % bzw. 52 % beteiligt. Die GmbH hatte zum 31. Dezember 2007 durch Verluste in früheren Jahren einen Verlustvortrag von knapp 600.000 €. Anfang 2008 veräußerte der mit 48 % beteiligte Gesellschafter seinen Gesellschaftsanteil an einen Dritten. Daraufhin kürzte das Finanzamt die festgestellten Verluste um 48 %.

Das mit dem Sachverhalt betraute Finanzgericht setzte das Verfahren aus und legte dem Bundesverfassungsgericht die Frage vor, ob die zugrunde liegende gesetzliche Regelung überhaupt verfassungsgemäß sei. Dieses stellte fest, dass die fragliche Regelung nicht mit dem allgemeinen Gleichheitssatz des Grundgesetzes vereinbar ist, soweit innerhalb von fünf Jahren mehr als 25 % des gezeichneten Kapitals mittelbar oder unmittelbar an einen Erwerber übertragen werden und dadurch die auf diese Anteile entfallenden bis dahin nicht ausgeglichenen oder abgezogenen negativen Einkünfte steuerlich nicht mehr abziehbar sind.

Der Gesetzgeber ist nun gehalten, rückwirkend ab dem 1. Januar 2008 für den Zeitraum bis zum Inkrafttreten der gesetzlichen Regelung zum fortführungsgebundenen Verlustvortrag (Einführung mit Wirkung ab 1. Januar 2016) eine Neuregelung des Verlustabzugs für Kapitalgesellschaften bei einer Anteilsübertragung von mehr als 25 % bis zu 50 % zu schaffen.

Hinweis: Entsprechende Steuerbescheide sollten (weiter) offengehalten werden. Dies gilt auch in den Fällen, in denen mehr als 50 % der Gesellschaftsanteile, die im Privatvermögen gehalten werden, übertragen werden. Hierzu muss der Bundesfinanzhof noch abschließend entscheiden.

Lohnsteuer
Im eigenwirtschaftlichen Interesse eines Reiseveranstalters gewährter Rabatt an Reisebüroangestellten ist kein Arbeitslohn
Steuerpflichtiger Arbeitslohn ist die Gegenleistung für das Zurverfügungstellen der individuellen Arbeitskraft durch den Arbeitnehmer. Dazu gehören i. d. R. auch vom Arbeitgeber gewährte Rabatte.

Steuerpflichtiger Arbeitslohn können auch Preisvorteile (z. B. Rabatte) sein, die dem Arbeitnehmer von Dritten eingeräumt werden, wenn diese Rabatte im weitesten Sinne als Entlohnung für die individuelle Arbeitsleistung des Arbeitnehmers gegenüber seinem Arbeitgeber anzusehen sind.

Dagegen liegt Arbeitslohn von dritter Seite nicht vor, wenn der Dritte diese Rabatte sowohl Arbeitnehmern des Arbeitgebers als auch einem weiteren Personenkreis im normalen Geschäftsverkehr üblicherweise einräumt. Ebenso liegt kein Arbeitslohn vor, wenn den Arbeitnehmern der Rabatt aufgrund eines überwiegend eigenwirt-schaftlichen Interesses des Dritten eingeräumt worden ist.

Für die Buchung einer Kreuzfahrt gewährte ein Reiseveranstalter einer Reisebüroangestellten und deren Ehemann einen Rabatt. Grund für die Rabattierung war die Auslastungsoptimierung sowie die Reduzierung der Kostenbelastung des Reiseveranstalters.

Das Finanzgericht Düsseldorf entschied, dass die Rabattierung aus eigenwirtschaftlichen Gründen des Veranstalters erfolgt sei. Der der Reisebüroangestellten gewährte Rabatt gehörte deshalb nicht zu ihren steuerpflichtigen Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit.

Hinweis: Bei einer Rabattgewährung durch Dritte ist der Rabattfreibetrag nicht anwendbar. Diese Vergünstigung bezieht sich nur auf Rabatte, die für Waren und Dienstleistungen des Arbeitgebers gewährt werden.

Umsatzsteuer
Wann sind Unterrichtsleistungen selbstständiger Lehrer umsatzsteuerfrei?
Die Unterrichtsleistungen selbstständiger Lehrer sind unter bestimmten Voraussetzungen von der Umsatzsteuer befreit. Die Steuerbefreiung gilt für selbstständige Lehrer, die an anerkannten Hochschulen, an öffentlichen allgemeinbildenden oder berufsbildenden Schulen oder an bestimmten anderen Bildungseinrichtungen Unter-richtsleistungen erbringen. Wird der Unterricht an privaten Bildungseinrichtungen erteilt, ist eine Bescheinigung der zuständigen Landesbehörde erforderlich. Es muss bescheinigt sein, dass die Einrichtung auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung ordnungsgemäß vorbereitet.

In einem vom Niedersächsischen Finanzgericht entschiedenen Fall hatte die zuständige Landesbehörde weder den Auftraggebern noch dem Lehrer bescheinigt, dass sie auf einen Beruf oder auf eine abzulegende Prüfung ordnungsgemäß vorbereiten. Das Gericht entschied, dass die Unterrichtsleistungen des Lehrers umsatzsteuerpflichtig sind.

Eine Umsatzsteuerfreiheit nach der Mehrwertsteuersystemrichtlinie kommt nach Auffassung des Gerichts ebenfalls nicht in Frage, da der Lehrer seine Unterrichtsleistungen ausschließlich im Rahmen der von seinen Auftraggebern angebotenen Lehrveranstaltungen erbrachte.

Mieter/Vermieter
Aufteilung vorab entstandener Werbungskosten bei verbilligter Vermietung
Wird eine Wohnung verbilligt überlassen, sind unter bestimmten Voraussetzungen die Werbungskosten nur beschränkt abzugsfähig. Das gilt auch für die vor Bezug entstandenen Werbungskosten.

Ein Angestellter hatte eine von seiner Mutter geerbte Eigentumswohnung renoviert und im nachfolgenden Jahr verbilligt an seinen Sohn vermietet. Da die Miete weniger als 66 % der ortsüblichen Marktmiete betrug, wurden die abzugsfähigen Werbungskosten entsprechend gekürzt. Diese anteilige Kürzung war auch für die im Jahr vor Bezug entstandenen Werbungskosten vorzunehmen, da ein Nachweis, dass insoweit eine Einkünfteerzielungsabsicht im Zeitpunkt der Vornahme der Aufwendungen bestand, nicht erbracht werden konnte. Der insoweit vorläufig ergangene Einkommensteuerbescheid des Vorjahrs war entsprechend zu ändern.
(Quelle: Urteil des Finanzgerichts Nürnberg)

Arbeitsrecht
Strenge Anforderungen an die Schriftform bei Befristung von Arbeitsverträgen
Die gesetzlich vorgeschriebene Schriftform für die Befristung von Arbeitsverträgen dient dem Zweck, dem Arbeitnehmer die Bedeutung der Befristung deutlich vor Augen zu führen. Deshalb stellt die Rechtsprechung an die Einhaltung dieser Form besonders hohe Ansprüche. So auch in einem vom Bundesarbeitsgericht entschiedenen Fall, in dem eine Universitätsverwaltung einem zukünftigen Mitarbeiter zwei zunächst nicht unterschriebene Exemplare eines befristeten Arbeitsvertrags aushändigte. Der Mitarbeiter unterschrieb beide Formulare und reichte sie in der Erwartung an die Universitätsverwaltung zurück, von dieser vor Vertragsbeginn ein gegen-gezeichnetes Exemplar zurück zu erhalten. Als dies nicht geschah, trat der Mitarbeiter seinen Dienst dennoch an. Die auch von der Universität unterzeichnete Vertragsurkunde ging ihm erst nach Aufnahme der Tätigkeit zu. Später berief er sich darauf, dass die in dem Vertrag enthaltene Befristung unwirksam sei und dass zwischen der Hochschule und ihm deshalb ein unbefristetes Arbeitsverhältnis bestehe.

Das Bundesarbeitsgericht gab ihm Recht und verwies darauf, dass das von der Hochschulverwaltung gegen-gezeichnete Vertragsexemplar, welches die Befristungsabrede enthielt, dem Kläger vor Vertragsbeginn, das heißt hier vor Aufnahme seiner Tätigkeit, hätte zugehen müssen, um die Schriftform zu wahren.

Mit freundlichen Grüßen

Jan Niklas
Wirtschaftsprüfer
Steuerberater

Quelle: Blitzlicht Steuern/Recht/Wirtschaft
Herausgeber: DATEV eG, 90329 Nürnberg
Herausgeber und Redaktion: Deutsches Steuerberaterinstitut e.V., Littenstraße 10, 10179 Berlin
Diese fachlichen Informationen können den zugrundeliegenden Sachverhalt oftmals nur verkürzt wiedergeben und ersetzen daher nicht eine individuelle Beratung durch Ihren Steuerberater.